ngos 

PM - Berlin, den 27. Februar 2025

Stellungnahme zur Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“

Am 24. Februar 2025 – einen Tag nach der Bundestagswahl – hat die CDU/CSU-Fraktion eine insgesamt 551 Einzelfragen umfassende Kleine Anfrage (BT-Drs. 20/15035) an die geschäftsführende Bundesregierung gerichtet, in der sie detailliert um Auskunft und Bewertungen zur Arbeit von 17 zivilgesellschaftlichen Organisationen bittet. Ein Großteil der Fragen bezieht sich darauf, ob diese Organisationen als Empfängerinnen staatlicher Fördermittel parteipolitisch tätig geworden seien.


Dieser parlamentarische Vorgang ist für uns und für unsere Mitglieder, die sich als wesentlicher Teil der demokratischen Zivilgesellschaft verstehen und einige der aufgeführten Organisationen fördernd unterstützen, Anlass zu Besorgnis. Wir möchten heute daher erneut unsere Haltung gegenüber dem kommenden Deutschen Bundestag und einer zukünftigen Bundesregierung bekräftigen, die wir bereits in unserem Positionspapier zur Bundestagswahl 2025 und einem gemeinsam mit anderen Dachverbänden verfassten Statement „Keine Demokratie ohne starke Zivilgesellschaft!“ formuliert haben:

  1. Sichere Entfaltungsmöglichkeiten für selbstorganisiertes, bisweilen auch unbequemes zivilgesellschaftliches Engagement, dessen Ziele nicht zwangsläufig im Einklang mit den Parteien und anderen politischen Interessen liegen, sind essenziell für unsere Demokratie. Wir setzen uns in diesem Sinne weiterhin mit Nachdruck für die politische Meinungs- und Handlungsfreiheit gemeinnütziger Organisationen im Rahmen ihrer Zweckverfolgung ein.

  2. Aus gutem Grund ist es gemeinnützigen Organisationen – so das gegenwärtige Rechtsverständnis in der Bundesrepublik Deutschland – gestattet, sich zur Verwirklichung ihrer Satzungszwecke politisch zu betätigen und dies auch in Ausnahmefällen außerhalb ihrer Zwecke zu tun. Der Grundsatz parteipolitischer Neutralität ist dabei zwar zu wahren. Er darf aber nicht als Gebot sachpolitscher Zurückhaltung missverstanden werden.

  3. Der historisch gewachsene Wert dieses Rechtsrahmens für eine pluralistische, die politische Willensbildung mitgestaltende Zivilgesellschaft ist grundsätzlich zu würdigen. Die aktuellen Entwicklungen in den USA oder die Lage in Ungarn führen drastisch vor Augen, wie die Entpolitisierung der Zivilgesellschaft mit einer Entkernung des demokratischen Rechtsstaates einhergeht. Die Rechtsstaatsberichte der EU-Kommission betonen die Bedeutung einer politischen Zivilgesellschaft für die europäische Rechtsstaatsarchitektur und kritisieren folgerichtig seit langem die diesbezüglichen Vorbehalte in Deutschland.

  4. Als Interessenvertretung des deutschen Stiftungssektors und Mitglied im Trägerkreis des Bündnisses für Gemeinnützigkeit bekräftigen wir unser Dialogangebot an die sich neu konstituierende CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die zukünftige Bundesregierung, um in einen differenzierten, der Bedeutung und Rolle der Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Breite angemessenen Austausch zu treten. Selbstverständlich sind wir dabei im Sinne unserer „Grundsätze guter Stiftungspraxis“ weiterhin offen, uns auch (selbst-)kritisch mit Fragen der Governance und Transparenz in der Arbeit von Stiftungen und gemeinnützigen Institutionen auseinanderzusetzen.

Nach dem Ende eines polarisierenden Wahlkampfs appellieren wir an alle demokratischen Parteien, zu einem sachorientierten, respektvollen Umgang mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zurückzukehren, auch wenn deren Stimme mitunter unbequem sein mag. Nur in einem Schulterschluss können wir die drängenden Zukunftsaufgaben unseres Landes meistern. Das freiwillige Engagement von fast 30 Millionen Bürgerinnen und Bürgern ist dafür unverzichtbar.

Über den Bundesverband
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen vertritt die Interessen der deutschen Stiftungen gegenüber Politik und Gesellschaft. Mit mehr als 4.300 Mitgliedern ist er der größte und älteste Stiftungsverband in Europa. Über Stiftungsverwaltungen sind ihm rund 9.800 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Der Bundesverband setzt sich für optimale Rahmenbedingungen für das Stiften und für das Wirken von Stiftungen ein und unterstützt seine Mitglieder sowie Stifterinnen und Stifter insbesondere durch Beratung und Vernetzung in ihrer Arbeit.
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen ist im Lobbyregister für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung eingetragen und übt seine Interessenvertretung auf der Grundlage des Verhaltenskodex für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter im Rahmen des Lobbyregistergesetzes aus.

Über die Cartoonlobby-Stiftung
Die "Stiftung Museen für Humor und Satire" unterstützt die Forderungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen - deren Mitglied sie seit 2016 ist.