Beitrag für die Lausitzer Rundschau

Mit dem satirischen Jahresüberblick des Karikaturisten Heiko Sakurai geht für das Cartoonmuseum wieder ein Jahr zu Ende – sind Sie mit dem Jahr 2016 zufrieden?

Das vergangene Jahr begann recht erfolgreich, denn unsere Ausstellung mit dem gemeinsamen Jahresrückblick französischer und deutscher Karikaturisten wurde nicht nur in unserem Luckauer Museum gezeigt, sondern wie geplant auch parallel in Paris präsentiert. Am 7. Januar, dem ersten Jahrestag der Anschläge auf die Satire Zeitschrift "Charlie Hebdo", wurde die Ausstellung "Jahr des Schreckens" auf dem Gelände der Internationalen Universität Paris im Heinrich-Heine Haus eröffnet. Eine Delegation der Cartoonlobby reisten zur Vernissage an und es gab ein interessantes und herzliches Treffen mit den Kollegen aus Frankreich. An der Ausstellung beteiligt war auch die Zeichnerin Coco eine Betroffene des Anschlages und bis heute Zeichnerin bei „Charlie Hebdo“. Die Resonanz war groß - mehr als 150 Besucher kamen allein zur Ausstellungseröffnung und zum einleitenden Vortrag, davon können wir in Luckau leider nur träumen.

"Böse Verspannungen" - Cartoons des Jahres von Heiko Sakurai

2016 war ein anregendes und für die Karikatur ertragreiches Jahr, wie auch die Cartoons des Jahres reflektieren, die wir noch bis Ende Februar zeigen. Es gab viele gesellschaftliche Diskussionen und Themen, die auch von den Zeichnern und der Cartoonlobby kritisch begleitet - auch vom Publikum dankbar angenommen und diskutiert wurden.

Was ist gut gelaufen?

Drei weitere, meiner Meinung nach, herausragende Ausstellungen folgten noch im Laufe des Jahres in unserem Cartoonmuseum. Zum Saisonstart im März zeigten wir aus Anlass des 60. Geburtstags unseres Cartoonlobbyisten Valeriu Kurtu die Ausstellung "Auf gute Nachbarschaft!", welche die zwischenmenschlichen bis hin zu den europäischen Beziehungen zu ihrem Thema hatte. Diese brachte den Besuchern auch die Karikatur in osteuropäischer Tradition nahe, wie sie auf internationalen Festivals weltweit ihre Anerkennung findet. Ein weiterer Blick über den Tellerrand sozusagen.

Die Sommerschau bestritt unser Gründungsmitglied und Collagist Kriki aus Berlin, mit einem sehr humorvollen und skurrilen Querschnitt seines jüngsten Schaffens sowie biografischen Rückblicken. Das kam auch bei den Gästen sehr gut an. Im August folgte dann unserer Kölner Cartoonlobbyist BURKH, vielen bekannt unter anderem aus der Satire Zeitschrift „Eulenspiegel“. Die Ausstellung „Vom Leben gezeichnet!“ präsentierte sein Lebenswerk mit Karikaturen, Cartoons, Comics und vielen anderen Facetten seiner Kreativität u.a. seine langjährige Arbeit mit Entwürfen für die Kölner Rosenmontag-Umzug-Wagen. Auch der traditionelle Jahresrückblick, diesmal vom Karikaturisten der Berliner Zeitung Heiko Sakurai mit begleitendem Buch ist bereits gut angelaufen. Zur Eröffnung war auch dieser, wie sein Kollege BURKH zuvor, extra aus Köln angereist und wir haben in einer „Talk-Runde“ auch mit den Besuchern zusammen die Arbeit und Biografie des Karikaturisten vorgestellt.

Ein weiterer Erfolg: wir haben in diesem Jahr endlich die gemeinnützige „Stiftung Museen für Humor und Satire“ gegründet und sind als solche anerkannt worden. Das Vermögen besteht aus dem Kulturerbe was die Cartoonlobby bislang in ihrer Sammlung, Bibliothek und Archiv in Luckau bewahrt und kontinuierlich erweitert hat. Die Finanzierung zielt auf Zuwendungen und Spenden, sowie Partnerschaften mit anderen Stiftungen bei der Umsetzung der ambitionierten Vorhaben des Museums, die bislang nahezu allein vom Verein finanziell und ehrenamtlich getragen werden mussten.

Was lief nicht so gut?

Das Museum konnte seine Besucherzahlen nicht wesentlich erhöhen gegenüber den vorigen Jahren. Das ist Schade, denn jeder Besucher der nicht kommt, ist einer für den wir draufzahlen müssen oder bestimmte Dinge nicht realisieren können. Wir haben zwar ein kleines Stammpublikum in Luckau, das zu uns hält und das Museum regelmäßig besucht, aber wir erreichen nicht genügend Interessierte im Umfeld. Das liegt vielleicht auch an unseren eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten die Öffentlichkeitsarbeit wie Werbung und Anzeigen auszubauen. Doch eigentlich sind wir sehr präsent in den Printmedien der Region. Aber eben nicht richtig darüber hinaus und viele der potentiellen Besucher kommen von weiter her aus den Großstädten.

Wie sind ihre Pläne für das nächste Jahr?

Da stürzen wir uns gleich in zwei Projekte, die für unsere museale Arbeit sehr wichtig sind und auf die ich mich besonders freue. Zum Saisonstart im März zeigt das Museum einen Querschnitt durch das Werk des „Ausnahme-Karikaturisten“ der DDR- und Wendezeit Frank Leuchte mit Karikaturen, Plakaten, Illustrationen, Fernsehgrafiken und Wort-Bildbeiträgen für das „Magazin“ und den „Eulenspiegel“. Anlass ist der 25. Todestag des beliebten Satirikers. Leuchte wurde von vielen seiner Zeichnerkollegen bewundert, als Mensch und vielseitiger Künstler geschätzt. Diese haben haben auch dazu beigetragen, dass die Ausstellung zu Stande kommt. Wir zeigen Dokumente, Objekte und Originale seiner Arbeiten, greifen dabei zurück auf Bestände seines Nachlasses und Leihgaben des Hauses der Geschichte in Bonn.

"Nun noch einmal ohne Faust" - Karikaturen uvm. von Frank Leuchte

Im November gibt es einen Jahresrückblick der besonderen Art. Unter dem Titel „Alle Jahre wieder ...“ zeigen wir Karikaturen von Karl-Heinz Schoenfeld aus dem Jahr 2017, aber auch historische Karikaturen, deren Themen leider bis heute noch die Menschheit bewegen. Zu Problemen für die immer noch keine Lösung gefunden wurde. Der in Oranienburg geborene, in Berlin ausgebildete Karikaturist lebt nun 88jährig in Potsdam. Von den über 60 Berufsjahren hat er den Großteil in den alten Bundesländern und Italien zugebracht. Die Sammlung des Museums wird zu dieser Ausstellung ein größeres Konvolut originalgrafischer Werke als Schenkung erhalten, die über das Jahr mit dem Zeichner ausgewählt und dann auch in der Ausstellung gezeigt werden. Ein Angebot das wir gern annehmen, denn mit der Erweiterung des Spektrums durch Arbeiten von Karl-Heinz Schoenfeld können wir noch besser Geschichte illustrieren und auch von der „anderen Seite“ mit Sichtweisen aus der damaligen BRD ergänzen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der Interpretation von Ereignissen feststellen.

"Alle Jahre wieder ..." - Karikaturen von Karl-Heinz Schoenfeld

Natürlich können und wollen wir das Großereignis des Jahres 2017 – das Reformations-Jubiläum – nicht ignorieren. Allerdings widmen wir uns diesem auf unsere eigene Art mit Humor und Satire. Während eine Vielzahl von Veranstaltungen in den Museen Anknüpfungspunkte in der lokalen Geschichte suchen und Bezüge zu den Auswirkungen auf die Politik und Weltanschauung in Deutschland und Europa herstellen, wollen wir uns mit unseren Cartoonlobbyisten der Gegenwart und Zukunft zuwenden.

"Glaube - Karikaturen zum Reformationsjubiläum" - Beispeilcartoon vonNEL

Wir zeigen von Mai bis Oktober als Trilogie unter den Titeln „Glaube-Liebe-Hoffnung“ drei Karikaturenausstellungen mit thematischer Ausrichtung auf die Bedeutung der Religionen, das Miteinander auf der Welt und die gesellschaftlichen Visionen heute. Sicher gibt es da auch viele historische Anknüpfungspunkte, uns interessieren aber auch die Antworten zu den Fragen: Wie bestimmen Religionen unseren Alltag? Welchen Stellenwert haben Religionen in der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und im Zuge der Globalisierung und Zuwanderung? Welche Rolle spielen Reformen heute? Was ist aus gesellschaftlichen Utopien geworden? Ist unsere Lebensweise wirklich alternativlos? Dazu wollen wir Beiträge bieten, Denkanstöße geben und mit befreiendem Lachen die verhärtete Fronten entkrampfen.

"Liebe - Karikaturen zum Reformationsjubiläum"

Beispielcartoon von POLO

Darüber hinaus muss auch die Arbeit mit der Sammlung weitergehen – ein kürzlich übereigneter Nachlass des DDR-Karikaturisten Rudi Riebe könnte noch nicht einmal gesichtet werden. Die Digitalisierung und Archivierung der Bestände muss in großem Umfang beginnen. Wir wollen der breiten Öffentlichkeit auch zeigen, welche Kulturschätze in der Sammlung, in Luckau und für Deutschland von uns bewahrt werden und diese im Internet zugänglich machen.

Für den Verband Cartoonlobby heißt es 2017, noch intensiver nach einer neuen Heimat für das Museum und die Sammlung zu suchen, denn maximal vier Jahre werden wir voraussichtlich noch die Räumlichkeiten im Luckauer Kreisarchiv nutzen können. Aber keine Angst solange gibt es dann auch noch Ausstellungen vor Ort.

"Hoffnung - Karikaturen zum Reformationsjubiläum" Beispiel von Klaus Stuttmann

Gegenwärtig stellt die Cartoonlobby im Spreewaldmuseum Lübbenau aus. Planen Sie Aktionen ähnlicher Art in der Region (Lausitz) beispielsweise in Cottbus?

Wir konzipieren solche thematischen Ausstellung wie die angesprochene „Jung bleiben – Alt werden“ zum demografischen Wandel regelmäßig. Aber wichtig ist immer ein Anlass und Ausstellungsort, der bereits Interesse zeigt. In Lübbenau setzten wir auch ein wenig auf den Synergieeffekt – Nachbarstadt und touristische Hochburg, in der Hoffnung zusätzliche Besucher für unser Museum zu gewinnen. Ansonsten ist uns wichtig, dass der Ausstellungsort eine ausreichende Wahrnehmung in der Presse- und Kulturlandschaft garantiert, denn es geht auch darum Werbung für unsere Vorhaben zu machen.

"Verkehrsgeschehen - Karikaturen zur Mobilität"

Titelcartoon von Markus Grolik

In der nahen Region ist für 2017 erst einmal nichts geplant, aber viele der gelaufenen Projekte und Künstler aus unserer Sammlung bieten wir auch weiter interessierten Partnern als Wanderausstellung an. Man kann bei uns da einfach anfragen. Die Schau „LOB DES KAPITALISMUS – ein Versuch in Bildern“ z.B. war nach Luckau, erfolgreich in Dresden und Berlin zu sehen. Allerdings haben wir für nächstes Jahr auch schon viele Ausstellungen am Start. Bereits im Januar ist die Cartoonlobby beim 55. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar zu Gast mit einer neuen Ausstellung „Verkehrsgeschehen – Karikaturen zur Mobilität“. Für diese ist auch noch Berlin als weiterer Ort im Gespräch. Anfang Januar gibt es den Neujahrsempfang der Cartoonlobby und ihrer Stiftung mit „NEUJAHRSGRÜSSEN – Karikaturen für eine bessere Welt“ in der MedienGalerie von ver.di in Berlin. Mit dem Ministerium für Kultur in Potsdam ist ein Karikaturenprojekt in Planung, was in deren Haus gezeigt werden soll. An den Reformations-Feierlichkeiten in Berlin wollen wir uns auch noch beteiligen – na ja, je mehr Ideen man hat um so mehr ist zu tun! Ich glaube das reicht dann auch für 2017!


 © Fragen: Bernd Töpfer - Antworten: Andreas Nicolai, Geschäftsführer der Cartoonlobby e.V. und Leiter vom Cartoonmuseum Brandenburg